Kirche des Klosters Mariensee bei Neustadt am Rübenberge
Rauminstallation im Kreuzgang des Klosters Mariensee
Die Installation im Kreuzgang des Zisterzienserklosters
Mariensee orientierte sich vor allem an der
Spiritualität des Raums. Sie knüpfte an die Tradition
der klösterlichen Rituale an: die Versenkung im Gebet,
die Meditation im Gehen. Der Kreuzgang ist ein Ort
der Stille. Dort wurden 36 durchsichtige, schlanke,
hohe Acrylglastafeln aufgestellt, nahezu leer, bis auf
wenige Worte, die von der Spannung zwischen All
und Nichts, von der Fülle in der Leere und vom Großen
im Kleinen sprachen. Die sparsam beschrifteten
Tafeln lehnten frei an den roh verputzten Wänden der
mächtigen Fensterleibungen. Zum Beispiel: „Als
Nichts zu Nichts gehen“ (Meister Eckhart). Aus dem
Klostergarten fiel Tageslicht durch die Fenster
in den Kreuzgang. So schwebten die Texte gleichsam
zwischen Helle und Dunkelheit – Gedanken von
Propheten und Philosophen, von Meistern mystischen
Denkens unterschiedlicher Religionen zusammengestellt,
Worte aus jüdischer, christlicher, islamischer
und buddhistischer Überlieferung, die von Stille und
Einhalten im Tun, von Liebe und Geborgen-Sein in der
Schöpfung, von der Einsicht in die Unermesslichkeit
des Universums handeln und von unserer Unfähigkeit,
all dies rein intellektuell zu begreifen. Gedanken,
die – in überraschender Übereinstimmung der
verschiedenen religiösen Wurzeln – von ein und demselben
Vorgang sprechen: vom Staunen angesichts
jenes „Wunders des Lebens“, das uns auch Wissenschaftler
und Naturschützer heute in ihrer je eigenen
Terminologie als bedrohte Biosphäre immer wieder
ins Bewusstsein rufen. Das Erlebnis des Eins-Werdens
mit der Schöpfung bedeutet nichts anderes als die
Einsicht, Teil der einen ökologischen Kette zu sein, an
deren Zerstörung unsere hyperglobalisierte Zivilisation
so blind wie verbissen arbeitet.
Mark Ranstädt, aus der Rede zur Eröffnung der
Installation im Kloster Mariensee, 1996
Site-specific installation in the cloister of the Mariensee Monastery
The installation in the cloister of the Cistercian Monastery
at Mariensee is oriented toward a spiritual space. It
follows the tradition of monastic rituals: the immersion
in prayer, meditation while walking. The cloister is a
place of silence. Here there are 36 transparent, high
acrylic glass panels – empty but for a few words that
speak of the tension between all and nothing, of fullness
in emptiness, of the big in the small. The panels lean
against the rough plastered walls of the massive window
reveals. Light from the monastery garden falls through
the windows into the cloister. In this way the words float
– as it were between light and darkness – as sentences
which inspire meditation.
Susanne Schossig has collected ideas from prophets and
philosophers, from masters of mystical thought of
different religions, words from Jewish, Christian, Islamic
and Buddhist tradition. About silence and observance
in action, about love and being secure in creation, about
gaining insight into the immensity of the universe and
our inability to grasp it intellectually. Thoughts which –
in surprising agreement of the different religious roots –
all speak of one and the same process: the astonishment
we experience at the “miracle of life”, which scientists,
philosophers and conservationists today again call to our
attention, in their own terminology, as being endangered.
The experience of becoming one with creation means
nothing other than the realization of being part of the one
ecological chain that our globalized civilization is
working so relentlessly to destroy.
Mark Ranstädt, from the speech at the opening
of the installation in the
Mariensee Monastery, 1996
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